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Umarmung

11.01.2020 Tag 121 10-26 Grad leicht bewölkt 7:30 aufstehen

Günther liefert Anna um 6 Uhr beim Flughafen ab und ich darf noch ein wenig mützen. Wir haben heute 570 km bis Esquel vor uns, deshalb zischen wir heute schon um Acht Uhr ab. Ich bin eh froh, dieses Hotel reiht sich in der Grauslichkeitskala ganz oben ein. Die Zellen im Häfen von Ushuaia wären gegen unser Zimmer eine Luxussuite.
Die Fahrt ist recht angenehm, die Landschaft wird wieder abwechslungsreicher und die Temperaturen liegen bei angenehmen 22 Grad. Der Gott des Seitenwindes ist und heute auch gnädig. So hab ich heute wieder viel Zeit zum Nachdenken, Musik horchen und Landschaft genießen. Gegen 4 Uhr kommen wir schon nach Esquel und finden ein Restaurant mit selbst gemachter Pasta. Es gibt Lasagne wie ich sie besser nicht machen könnte.


12.01.2020 Tag 122 10-31Grad wolkenlos 8:30 aufstehen

Sonntag ist Wandertag, aber erst muss ich noch meinem Schatz zum Geburtstag gratulieren. Wir freuen uns jetzt schon sehr auf ein Wiedersehen.
So, jetzt geht's aber los. Mit leichter Montur fahren wir in den Nationalpark Los Alerces. Dort werden zum Eintritt wieder mal 400 Arg kassiert. Wir fahren entlang am See Futalaufken bis tief in den Park hinein. Dort starten wir unsere Wanderung zur Laguna Escondida. Es geht extrem steil hinauf entlang an den riesigen, alten Bäumen. Überall wächst Bambus, was in dieser Gegend untypisch ist. Anscheinend haben Menschen hier das Bambus gepflanzt und nun wuchert es unkontrolliert. Ein wunderschöner Weg endet oben direkt am kleinen See (Laguna) Es ist absolut still und Natur pur. Nach einer Rast marschieren wir wieder Richtung Tal. Auf halben Weg treffen wir 3 Mädchen wovon eine richtig schlecht aussieht. Sie hat heute noch nichts gegessen und ist fast am kollabieren. Mit unseren letzten Erdnüssen retten wir ihr den Tag. Wieder im Tal fahren wir die extrem verstaubte Piste retour. Bei einem Badeplatz am See beschließen wir uns noch eine Weile an den Strand zu schmeißen. Als wir dann um 17 Uhr retour fahren begegnen uns noch hunderte Autos die in den Park fahren. Die Argentinier sind anders, bei denen beginnt der Tag erst am Abend. In Esquel zurück gehen wir erst einmal in eine Cervecería etwas Essen und natürlich das gute Bier genießen. Dort treffen wir einen 97 jährigen Argentinier der auf Grund deutscher Auswanderervorfahren super deutsch spricht. Er verkauft im Lokal seine alten Bücher und unterstützt mit den Einnahmen ein Kinderorchester und ein Rugbyteam. Er erzählt uns viel von der Gegend und seiner Familie. Wieder einmal eine nette Begegnung.


13.01.2020 Tag 123 10-28 Grad fast wolkenlos 8:30 aufstehen

Der Weg, also die Straße von Esquel nach San Carlo de Bariloche führt durch die Schweiz. Ja genau, durch die argentinische Schweiz. Die verfluchte Routa 40 schwingt sich hier ganz sanft zwischen Berge und Seen durch. Ein wahrer Motorradgenuss, wäre da nicht das dauernde Zittern meiner Prinzessin. Der Schaden an der Felge ist nun mein ständiger Begleiter und echt unangenehm. Ich habe bei Moto Aventura in Santiago angefragt was eine neue Felge kostet. Der Preis hat bei mir kurzzeitigen Atemstillstand verursacht. (1.700€) Nun ja, so zittere ich eben durch die Schweiz. In El Bolsón machen wir Mittagsrast. Diese Stadt ist für sein Hippie Flair und seine Rucksacktouristen bekannt. Wir sitzen im Gastgarten und lassen uns das Bife auf portugiesische Art schmecken. Nun geht es aber weiter nach Bariloche. Hier versuche ich vergeblich eine Werkstatt für die Prinzessin zu finden. Der Service ist schon überfällig, nun muss sie halt noch bis Santiago durchhalten. Wir finden ein günstiges Hostel mit Blick auf den See. Am Abend gehen wir in die Innenstadt und sind überrascht. Verschiedene Straßenkünstler verzaubern uns mit ihren Darbietungen. Eine Gruppe mit Keltischer Musik hat es uns besonders angetan.


14.01.2020 Tag 124 10-20Grad fast wolkenlos 8:30 aufstehen

Ich lebe in den Tag hinein. Bis vor kurzem hat mir das noch irgendwie Unbehagen bereitet. Heute ist das für mich der Inbegriff von gutem Gefühl. Günther und ich wollen heute wieder wandern, auf den Hausberg von Bariloche. Unsere Wandermotivation ist aber eher im Semibereich. Da wir ja Herr unserer Freiheit sind, entscheiden wir mitten im Berg umzukehren. Und die Entscheidung ist gut, im nächsten Lokal gönne ich mir einen Kaffee. Günther meint, er wird ins Hostel zurückgehen. Ich nehme mir die Freiheit mich in einen sonnigen Gastgarten zu sitzen und bei einer guten Halbe (naja 0,4) Bier zu lesen. Freiheit ist schon was schönes.


15.01.2020 Tag 125 5-17 Grad fast wolkenlos 8:00 aufstehen

Die Insel Chiloe soll ja was ganz besonderes sein. Feen, Kobolde, Märchen und Sagen gibt es dort. Kulinarisch...... Moment, ich bin ja noch gar nicht dort. Also, wir starten bei frischen 8 Grad in Bariloche und müssen über einen Pass. Die Strecke ist eines Motorradfahrer mehr als würdig. Bei der Grenze sieht es da gleich anders aus. Blockabfertigung ist heute die Devise, es ist halt Hauptsaison. Die Zeit vergeht bei einem Plauscherl wie im Flug. Eine ältere Dame ist von unseren Geschichten so begeistert dass es ihr dauern ein "mui lindo" entlockt. Sodala, und so sind wir auch schon in Chile. Da ja Motorräder bekanntlich schlecht schwimmen brauchen wir noch eine Fähre, die doch auch glatt da ist als wir ankommen. Eine halbe Stunde später fahren wir schon auf der Insel Chiloe.
Wir fahren noch bis Ancud und finden wieder einmal das beste Hostel ever. Blödsinn, vorher gehen wir essen, nämlich die typische Inselspeise mit dem Namen Curanto. Muscheln, Schweinsbraten, Wurst, Kartoffeln und Kartoffelknödel, also ein Chilolischer Bauernschmaus. Schmeckt ausgezeichnet, man braucht aber mindestens einen Fernet als Verdauungsunterstützung.
Nach einer ausgiebigen Dusche im super Hostel besuchen wir noch eine Festung und schießen ein paar Bilder. Am Rückweg plagt uns schon der Durst von dem sauren Essen und so gehen wir (notgedrungen) in ein voll lieb eingerichtetes veganes Biocafe. Das wäre der Traum für unsere lieben Frauen. Ich bestelle, Ohren auf, also, ich bestelle einen Golpe Salutable (Heilbrigender Schlag) bestehend aus: Gurke, Birne, Petersilie und viel Zitrone.
Er schmeckt? Ziemlich xund und sauer. Erst beim zweiten Blick auf die Karte sehe ich dass es auch Çervesa gibt und so kann ich meine Geschmacksnerven wieder friedlich stimmen. Beim verabschieden sehe ich durch die Küche hindurch in einen Kräutergarten. Ich rede den Kellner drauf an und so bekommen wir noch eine Privatführung. Er erklärt uns, dass das Kaffee ein Projekt für Jugendliche ist und dass es soweit wir das richtig verstanden haben im März zu Ende geht.....schade.... diese Golpa Salutable würde noch viele Menschen glücklich machen.


16.01.2020 Tag 126 5-17 Grad wolkenlosest 9:00 aufstehen

Heute ist Sightseeing in Ancud angesagt. Gleich nach ein ausgiebigen Frühstück werfen wir uns um 10 Uhr in die City und in das Geschehen. Um 11 Uhr sind wir fertig, alles gesehen, die Fischer, die Kirche das Museum. Wir schlendern durch eine Gasse und es gibt wieder Action. Ein Wasserrohrbruch, das Wasser schießt die Straße entlang, Männer mit Gummianzügen stehen im Dreck. Wir sehen zu wie die schadhafte Leitung freigelegt wird, wie der Wasserfluss gestoppt wird, wie eine neue Leitung eingelötet wird wie die Leitung wieder dicht wird und wie begonnen wird das Erdloch zu schließen.......was für ein Abenteuer. Jetzt haben wir uns doch glatt einen Kaffee verdient. Naja, einen Erdbeerkuchen und ein Bier wohl auch. Und so verbringen wir in einem sonnigen, windstillen Gastgarten den kompletten Nachmittag beim sinnieren über den Sinn des Lebens und ob es nach dem Leben in Südamerika auch noch ein Leben gibt.
Von so viel sinnieren bekommt man natürlich Hunger und so suchen wir uns ein Inseltypisches Restaurant und da genieße ich eine Paila Marina (Muschelsuppe) verfeinert mit einer Flasche Vino Blanco wie ich sie noch nie gegessen hab.
Den Abend sitze ich auf der Terrasse, die Sonne im Gesicht und schau und Meer......nicht mehr


17.01.2020 Tag 127 14-25 Grad wolkenlosest 8:00 aufstehen

Chloe ist bekannt für seine Holzkirchen, darum machen wir heute eine Wahlfartstour. 14 Holzkirchen sind UNESCO Kulturerbe, 4 davon sehen wir uns an. Die Strecken dazwischen sind ein Traum.Die Landschaft ist eine Mischung zwischen Steiermark und Waldviertel gewürzt mit einer Prise Toskana. In San Juan ist direkt neben der Kirche eine Werft für Holzfischerboote. Voller Freude erklärt uns ein Mitarbeiter alles uns lässt uns überall hinein schauen. Für ein Schiff mit 12 Meter arbeiten drei Mann ein Jahr lang. Alles wird von Hand gemacht, für mich ein Traum in Holz. Der kurze Sommer ist uns Land gezogen, überall blühen die Sommerblumen, das Gras ist lang und die Temperaturen knapp über 20. Wir beschließen weg von den Städten zum kleinen Ort Cuaco am Pazifik zu fahren. Da gibt es erst einmal ein gutes Stück Lachs Auf einem Campingplatz bekommen wir eine Capana mit Blick auf den See und es gibt kein Internet.


18.01.2020 Tag 128 14-20 Grad wolkenlosest 9:00 aufstehen

Stellt euch mal vor ihr steht in einem Schwarm von Mücken, diese  ca 1mm großen, stechenden Gelsen. Und nun stellt euch weiter vor ihr nehmt eine Luftpumpe, eine winzige und pumpt diese Viecher auf. Ihr pumpt so lange bis dass die Gelsen ca. 15mm lang sind. Das macht ihr ungefähr mit hundert so und nun wisst ihr wer heute außer der Günther noch mein Wegbegleiter ist. Aber alles der Reihe nach. Chiloe ist ja auch für seine märchenhaften Wanderungen bekannt und genau so eine steht heute am Plan. In leichter Montur sitzen wir auf dem Motorrad, schnell noch das Ziel ins Navi und los geht's. Erst Asphalt, dann Schotter, dann Strand, aber Strand ist doch Sand, denke ich mir, dreh mich kurz um meine eigene Achse und die Prinzessin liegt im Sand. Ich schaue zurück und sehe das gleiche Bild nochmal in Orange. San die Deppad, man kann doch keine Straße am Strand machen. Wir stellen gemeinsam beide Motorräder wieder auf die Beine und kämpfen uns zurück auf festes Terrain. Dort sehen wir dann auch das Parkplatz -und Strandfahrverbotsschild. D0ch keine Deppen, die Chilenen. Beim Parken und wanderfertig machen kommen schon die Kampfgelsen. Ich aber schlau wie ich bin, hab ja mein Nobite mit dabei, schnell eingesprüht........und festgestellt dass es genau gar nix hilft. So starten wir unseren Marsch mit unseren treuen Wandergesellen. Die Strecke geht ca. 7km am Strand entlang und dann ca. 3km steil bergauf und bergab auf einem Dschungelpfad zu einem Walbeobachtungsplatz. Dort schauen wir eine viertel Stunde ins Wasser und sehen dass wir nix sehen und gehen wieder zurück. Ich will die Wanderung nicht schlecht machen, die Pazifikküste ist wunderschön, nur haben mich die Viecher einfach zu sehr gequält.
Jetzt sitze ich mit dem Rücken an einem Baum gelehnt am Boden und lasse mich von der Abendsonne wärmen. Ich lese gerade ein Buch zu Ende. Es geht um eine Schrotthändlerin die sich aus einem schweren Burnout und Depressionen wieder ins Leben zurück kämpft. Irgendwo im Buch taucht die Frage auf: Was würdest du tun wenn du nur mehr ein Jahr zu leben hättest. Die Frage beschäftigt mich........
Gott sei Dank kann ich den Gedankenfluss mit einem gebratenen Lamm, Kartoffeln, Salat und einem Vino Tinto Namens Gato (Katze) entgegenwirken. Beim Abendessen diskutiere ich mit Günther noch die Frage.


19.01.2020 Tag 129 14-20 Grad wolkenlosest 8:00 aufstehen

Es ist Sonntag, der Kaffee duftet, das Gebäck ist knusprig, die Eier frisch, die Marmelade fruchtig, der Käse regional und was das Beste ist, wir sitzen auf der Terrasse in der Sonne. Ja genau und ich hab sowas in der Art wie einen Sonnengruß am Steg vom See gemacht. Wir fahren heute nach Ancud zurück, denn dort ist diese Wochenende Brauchtumsfest. Die vermeintlich schöne Strecke entlang der Küste entpuppt sich als durchgehende Baustelle. Das heißt wieder einmal richtig Staub schlucken. Dennoch kann ich die typischen, bunten Stelzenhäuser noch fotografieren. In Ancud beziehen wir wieder unser altes Zimmer, geben noch schnell die Schmutzwäsche zum Waschen und machen uns auf den Weg zum Fest. Dort gibt es eine Bühne mit viel Tanz und Gesang, alles Inseltypische zum Essen (Muscheln, Asado vom Lamm, Empanadas.......) und ein Rodeo. Zuerst essen wir gegrilltes Lamm, dann Schokoerdbeeren am Spieß und dann sind wir auch schon beim Rodeo. Die stolzen Gauchos werden erst vorgestellt. Es geht darum dass immer zwei Gauchos einen jungen Stier einen bestimmten Parcours treiben und ihn dreimal gegen eine gepolsterte Bande werfen. Echt interessant und wir sind voll mit dabei. Als Abschluss sehen wir noch einen Tanzreigen durch alle Länder von Südamerika.

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